Juni 2008   Ich hätte es wissen müssen........ ist Achim Zahn doch als Wanderfreund bekannt, der nur gerne mal sein Bike als Ballast mitschleppt. Da dieses Jahr noch zu viel Schnee lag konnten wir nicht wie geplant die Alpen überqueren, siehe mein Bericht von 2007. So wollten wir seine Route aus der Mountainbike nachfahren, zumal wir jetzt mit GPS ausgerüstet sind, die Tracks verfügbar waren, eine Beschreibung und viele Telefonnummern vorlagen, bestes Wetter angekündigt war. Also alles gut? Weit gefehlt. Entweder sind wir fahrtechnisch die Vollnieten oder den Autoren geht beim Verfassen ihrer Artikel der Sinn für Realität großteils verloren. Wenn von einem Schiebestück die Rede ist rechne ich nicht mit 3h Fußmarsch auf Wegen, die jedem guten Wanderer zur Ehre gereichen, ein Graus wenn man dann noch das Bike dabei hat und das Terrain gar keinen Platz dafür hat. Mehrfach haben wir laut darüber nachgedacht, demnächst doch lieber in Deutschland zu fahren als durch die Alpen zu tragen. Da schwebte mir schon eine Deutschlandtour aus der Mountainbike vor, vorgestellt von..... Achim Zahn. Andererseits haben wir noch eine Rechnung offen mit Tuxerjoch, Pfunderer, Schneebergscharte, Eisjöchl. Viel zu schieben, aber wenigstens im Vorraus bekannt. Bin mal gespannt was wir machen - 2009.


1. Tag     Riva - Tremalzo - Riva         70km    1920hm    6:00h     AV 12,2km/h

Riva - 9:00 Uhr - 30° im Schatten. Schon zweimal sind wir den Tremalzo runter, hoch wollte ich ihn nie. Nun stehen wir doch hier, denn Achim Zahn sah es so vor. Die ganze Nacht saßen wir im Auto, da braucht es ein wenig Zeit in Schwung zu kommen. Doch die alte Ponalestraße ist dafür bestens geeignet. Ab Pregasina sind immer wieder blöde Abschnitte dabei, zu heiß, zu viel Schweiß nach dieser Nacht im Auto. Die Strecke kennen wir ja und so freuen wir uns schon auf das Rifugio am Pso. Nota. Irgendwie wundern wir uns schon das es hier nur belegte Brötchen gibt, dass hatten wir anders in Erinnerung und der Grappa vom Wirt geht ordentlich ins Blut. Also weiter. Der Tremalzo aufwärts ist dann doch nicht so schlimm, zieht sich nur ewig Kehre um Kehre, und das in dieser Hitze. Dann ist der Scheiteltunnel erreicht und wir speisen im Rif. Garda. Dann nimmt das Unheil seinen Lauf. Rif. Garda - noch keine Übernachtung möglich, Mga. Ciappa - dieses Jahr geschlossen, im Ort Tremalzo keine Zimmer, Cima Rest geschlossen. Was ist hier los? Ist das schon das Ende unserer Tour? Auf Asphalt rasen wir über Tiarno und vorbei am Ledrosee zurück nach Riva um Mama Ferrari noch zu erreichen. Sie hat ein Zimmer und lecker Bier für uns. Nie hätte ich vermutet, dass hier am 25. Juni noch alle im Winterschlaf sind und hatte deshalb die Hütten vorher nicht angerufen - Mist. Selbst in Riva bekommen wir nicht wie gewohnt Pizza und Wein, viele Geschäfte haben noch geschlossen. Morgen muss uns Mama Ferrari helfen, einen neuen Plan zu basteln.


2. Tag     Riva- Malcesine - Altissimo - Ala               65km      780hm     4:24h     AV 14,8km/h

Seniora Ferrari rollte mit den Augen als ich ihr die Liste unserer Telefonnummern vorlegte. Sie sollte uns helfen herauszufinden, welche Hütte offen ist, wo wir übernachten können. Wenn wir die Tour rückwärts fahren und ein wenig abändern sollte es gehen. Allerdings wäre dann jetzt der Altissimo dran. Mittags den Anstieg von ca. 2000hm zu starten und dann noch zur nächsten Übernachtungsmöglichkeit zu gelangen war aber nicht sinnvoll. Also wollten wir die Seilbahn in Malcesine nehmen. Bikemitnahme war dort aber erst wieder 14:15 Uhr möglich. So verbrachten wir die Zeit mit Eis essen, noch mal Eis essen, Pizza, Bier, Cola. Tourstart war dann 15:00 Uhr. Ordentlich schwitzen auf dem Weg zum Rif. Graziani war angesagt, kein Lüftchen ging. Abkühlung verschaffte die rasende Abfahrt. Mehr Höhenmeter als gedacht bescherte uns auch der Weg Richtung Postemon, wo wir auf den Sentiero dela Pace stießen. Ständiges Auf und Ab, immer fahrbar, sehr einsam, sehr schön hatte ich diese Wege erst weiter Richtung Pasubio vermutet, nicht hier in Nähe der Zivilisation. Ein wirklich sehr nettes Teilstück. Trotz großer Hitze war es immer diesig und wir hatten kaum Fernsicht. Dann gings auf Asphalt mit Vollgas über Saccone und Chizzola ins Etschtal. In Ala angekommen bestellten wir das größtmögliche Bier. Maßkrüge sind hier wohl die Ausnahme, denn alle Augen waren auf uns gerichtet. Wir fühlten uns wohl.


3. Tag     Ala - Pso. Buole- Zendri - Pso. Pian delle Fugazze               37km       1855hm      5:26h       AV 6,8km/h

Auf der Karte sah alles recht normal aus - als MTB- Strecke gekennzeichnet, viel Fahrweg. Aber 28° C beim Aufwachen, 1200hm beim ersten Anstieg zeichnen ein anderes Bild. Zunächst geht es easy los, doch schnell wird die Strecke steiler, grober, die Sonne brennt. Wir steigen oft ab, schieben kleine Stücke um uns etwas zu erholen, schaffen nur 400hm in der Stunde. Nach schwerer Arbeit, viel Augen rollen und dicke Backen (Wangen) machen erreichen wir erst 13:15 Uhr den Pso. Buole. Die Trinkflaschen sind alle, die Psyche angekratzt. Jetzt kommt das erwartete Schiebestück auf Weg 117 bis Loner. Das stellt sich Gott sei Dank als unproblematisch und teilweise fahrbar heraus. Hinter Obra ist der “Fahrweg” eine schwere Berg- und Talfahrt durch Wald und Wildnis, nicht zu vermuten laut Karte. Ohne Technik hätten wir Stunden mit Weg suchen zugebracht, so verlassen wir uns zu 100% auf GPS und werden nicht enttäuscht. Ein Teil des vielen Geldes für Gerät und Topokarten hat sich jetzt schon gelohnt. Wir finden zurück in bewohnte Gegenden und die noch zu erledigenden Kilometer auf Asphalt belächeln wir nur in Erinnerung an Schweiß, Schieben, unerwarteter Härte bis hierher. Noch ist unklar, wo wir heute übernachten, denn das Albergho am Pass war das einzige was nicht erreichbar war. Als wir um die Kurve biegen herrscht dort reger Betrieb, eine Last fällt von uns ab. Wie immer gibt es zunächst Bier, oder waren es zwei?


4. Tag     Pso. Pian delle Fugazze - Pasubio - Rif. Lancia          19km      940hm      3:03h     AV 6,10km/h

Noch nie stand eine so kurze Etappe auf unserem Plan, ließ sich aber durch die geänderte Route nicht vermeiden. So gingen wir es ruhig an. Mussten wir auch, denn über nacht hatte die Luft Frank`s Reifen verlassen. Die Auffahrt zum Rif. Papa kannten wir schon, alles problemlos machbar. Im oberen Abschnitt wurden die Wege mit schwerem Gerät neu gemacht, deshalb war hier der Untergrund tief und grob. Am einzigen Tag mit angenehmen Temperaturen machten wir ausgiebig Rast im Rif. Papa um dann einen langen Spaziergang auf der Strada Galeria zu beginnen. Auch dieses Jahr hatten wir schlechte Sicht, dennoch ist es dieser Weg immer wert, dass man sich Zeit nimmt. Die Weiterfahrt Richtung Lancia war wieder harte Arbeit, steil und grob der Weg 120. Bald war der Punkt erreicht, wo wir nur noch schiebend voran kamen. Die Landschaft ist sehr karg und man weis nie so genau, ob die zerbröselten Berge hier normal sind oder so stark zerschossen. Große Abschnitte der Wege 120, 105B und E5 schieben wir auf Handtuch breiten Wegen an Steilen Hängen. Erst als genügend Gestrüpp einen evtl. Sturz bremsen könnte trauen wir uns wieder auf das Rad. Das war wieder schwieriger als der Karte zu entnehmen war. Das Rifugio schon im Blick führt ein schöner Trail die Bergflanke hinab. Noch ein wenig über die Almwiesen uns schon sind wir da. Die Verständigung ist dann etwas holprig, wir müssen immer den einen finden, der ein paar Worte englisch spricht. Schon erstaunlich, dass in der ganzen Gegend auch die jungen Leute kaum englisch sprechen. Na ja, ich kann auch kein italienisch. Am Abend wurde dafür fürstlich aufgetischt, bestimmt 5 Gänge, immer noch eine Hähnchenkeule, noch einen Nachtisch. Wir stiegen auch auf Rotwein um, denn 2 Bier waren teurer als 1l Wein. Morgen wartete eine lange Etappe, deshalb planten wir Frühstück für 7:00 Uhr.


5. Tag   Rif. Lancia - Anghebeni - Pso. Buole - Cima Carega - Rif. Pertica      41km   ca. 2000hm  6:02h  AV 6,7km/h

Der Tag beginnt steil abwärts auf Fahrwegen, also problemlos jedoch immer in dem Bewusstsein, dass jeder zurückgelegter Meter uns dem auch auf der Karte heftigen Weg 102 näher bringt. Dort überhaupt hin zu finden gelingt nur mit GPS, quer über Wiesen, ohne jede Spur, nur der Technik vertrauend. Früher hätte uns dies viel Zeit gekostet. Dann ist es soweit, diesmal wenigstens entschädigt mit wirklich herrlicher Landschaft. Der 102 entpuppt sich als nicht so schwer und die zweiten 50% der Serpentinen sind sogar mit viel Spaß fahrbar, herrlich durch Wald, schöne Spitzkehren, genau das Richtige für unsere Möglichkeiten. Teilweise ist der Boden dann recht ruppig um dann auf Asphalt zu wechseln. Wir rasen in Anghebeni ein, viel früher als gerechnet. Auf flimmernder Straße geht es zart bergauf bis Riva und Cuneghi, um dann richtig, aber richtig hart zu werden. Wir hatten uns für schieben auf dem 117 entschieden, gegen langes fahren über Albaredo zum Pso. Buole. Tags zuvor hatten uns Biker abgeraten, die hier runter sind. Ihre Spuren im Waldboden waren nicht zu übersehen. Zu laufen schon sehr schwer ist es mit Bike wirklich Sch.... So etwa muss Reinhold Messner den Everest hoch sein - zwei Schritte tun, Rad hoch wuchten, zwei Schritte tun.... das Rad immer gebremst, alle paar Meter Pause, 35% Steigung, jedes kleinste Hinderniss muss getragen werden, dass war hart wie noch nie. Selbst Frank verleiert die Augen. Ab Loner ist der Weg eigentlich leichter und auf dem Herweg sind wir hier auch gefahren, aber wir sind so fertig, mit den Nerven am Ende, dass hier auch nichts mehr geht. Doch auch der schlimmste Pfad hat ein Ende und wo wir Tage zuvor nicht mal Wasser fanden feierte diesmal der hiesige Alpenverein ein rauschendes Fest. Am Pso. Buole wurde ordentlich aufgetischt, die Einladung zum Rotwein konnten wir nicht ausschlagen. Bei Erwähnung unseres heutigen Zieles, das Rif. Fraccaroli, ernteten wir Blicke, die uns aus vergangenen Jahren bekannt vorkamen und nie Gutes bedeuteten. So auch heute. Die Leute kannten eben ihre Heimat und wussten, dass der Weg 114B der größte Mist ist, den man mit dem Bike machen kann. Achim Zahn sollte in Wanderzeitungen und nicht in der Mountainbike veröffentlich. Uns stand wieder eines der “Schiebestücke” bevor, diesmal komplett von der Mga. Val di Gatto bis Sinel, so schlappe 2,5 Stunden. Auch danach ist der SdP 108 nur teilweise fahrbar, zu steil der Weg, zu grob der Untergrund. Kein Baum, kein Strauch ziert die Cima Carega, eine karge Felslandschaft, aber reizvoll. Absolut exponiert dann die Lage des Rif. Fraccaroli. Eine kleine Hütte auf einsamer Felsspitze, aber gut besucht. Es ist erst 16:00 Uhr und wir fahren weiter. Der 109 bis Rif. Scalorby zaubert uns ein Lächeln zurück, bester Flow mit kleinen Herrausforderungen, grandiosen Aussichten, einfach TOP. Den bisherigen Kummer vermag er nicht ganz aus dem Hirn zu löschen. Die Wahl unserer heutigen Unterkunft machen wir abhängig von der Möglichkeit, das Endspiel der EM Deutschland - Spanien zu sehen. Im Rif. Pertica baut man extra einen Fernseher auf, das Essen ist super, Bier und Wein reichlich, Deutschland verliert, wir beschließen morgen bis Riva zu fahren, unsere Familien einen Tag früher mit unserer Heimkehr zu beglücken.


6. Tag     Rif. Pertica - Peri - Tori del Benaco - Riva      117km     1350hm    6:41h      AV 17,5km/h

Der Tag beginnt wie Tag 5 aufhörte-mit schieben. Fast den gesamten Weg 287 bis zum Pso. di Malera asten wir die Bikes durch schweres Gelände. Den Geisterort S.Giorgio lassen wir schnell hinter uns. Durch eine seltsame Bergwelt schlängelt sich der ewige Fahrweg 250 immer auf einer Höhe bleibend. Das Rif. Podesteria sollte man sich mal anschauen. Vom Rif. Monti Lessini bis zum Pass heißt es wieder schieben. Guter Weg zwar, aber einfach zu steil in dieser Hitze. Es sollte das letzte Schiebestück sein. Volle Pulle abwärts dann auf Asphalt bis Peri. Erst Scheibenbremsen lassen so ewige Abfahrten zum Genuss werden. Diesen hat die originale Route nicht, denn die geht ja anders rum. Was für eine ewige Quälerei auf Straße und sinnlose Höhenmeterfresserei. Zwei Biker unterwegs rieten uns dringend, den Weg 71 zu meiden, denn der ist so grob und so steil, dass das Rad nur getragen werden kann. So fahren wir bei 39°C weiter durchs Etschtal bis Zuane. Noch ein paar Höhenmeter bis Caprino und dann bei leichtem Auf und Ab bis Castion. Dort treffen wir 2 Leipziger und schwatzen eine Weile. Die Sachsen sind wohl wirklich überall. Von oberhalb Tori sieht der Gardasee auch Klasse aus. Die restlichen Kilometer auf der Uferstraße bis Riva wollen wir schnell hinter uns bringen und geben noch mal Gas. Noch mehr, als uns eine Gruppe Rennradler einholt. Das spornt an, denn abhängen lassen gilt nicht. 35km/h, Attacken, Lücken zu fahren, das ganze Programm saugt die letzten Reserven aus. Gott sei Dank kehren sie irgendwann um. Bis Riva waren es dann doch noch 38km. Wir sind voll im Eimer, aber Mama Ferrari hat schon 2 Bier an den Pool gestellt und das war`s.

Jetzt ist dann auch hier die Saison angekommen. Wie die Jahre zuvor sitzen wir bei Bier, Pizza, Wein, noch mehr Pizza auf der Hafenmauer und überlegen, ob das nun toll war oder nicht. Achim du Misthund, wir empfehlen dich nicht weiter.


So teuer wie dieses Jahr war es noch nie. Wir brauchten aber auch Gelato wie nie gegen die Hitze, Bier und Wein wie nie um das angekratzte Gemüt zu beruhigen. Schon oft haben wir festgestellt, dass die Helden aus den Zeitschriften übertreiben wenn es um Faszination und Machbarkeit von Strecken ging die wir auch kennen. Auch hier wurde reichlich auf den Putz gehauen. Sicher sind viele Ecken eine Reise wert, aber letztendlich wollen wir doch einfach nur schön biken. Es muss nicht immer der unmöglichste Weg sein, der höchste Pass, der tiefste Schnee, in dem ich das Bike dabei hatte. Ich will keine Rekorde, ich will Spaß und Sport. Vielleicht klappt es besser 2009.....


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Letztmals erneuert 18.11.2013